Schlafstörungen bei Kindern: Ursachen,
Prävention und Alters- spezifische
Besonderheiten
Ein erholsamer Schlaf ist für die gesunde Entwicklung von Kindern essenziell.
Dennoch leiden viele Kinder in verschiedenen Altersstufen an Ein- oder Durchschlafstörungen. Die Ursachen sind vielfältig, reichen von biologischen Entwicklungsphasen über Umweltfaktoren bis hin zu psychosozialen Belastungen. Dieser Artikel beleuchtet die altersabhängigen Besonderheiten von Schlafstörungen bei Säuglingen, Kleinkindern, Schulkindern und Jugendlichen und zeigt auf, wie ein gesunder Schlaf durch Tagesrhythmus, Naturerfahrungen und einen bewussten
Umgang mit Reizen gefördert werden kann.
1. Säuglinge (0–12 Monate)
Schlafverhalten:
In den ersten Lebensmonaten ist der Schlaf-Wach-Rhythmus noch nicht
ausgereift. Säuglinge schlafen insgesamt 14–17 Stunden pro Tag, meist in kurzen Phasen. Ab dem 3.–6. Monat beginnt
sich ein Tag-Nacht-Rhythmus auszubilden.
Häufige Schlafprobleme:
- Kurze Schlafphasen
- Häufiges nächtliches Erwachen
- Einschlafprobleme ohne Körperkontakt
Empfehlungen:
- Rhythmus etablieren: Feste Routinen beim Zubettgehen (z. B. baden, Stillen/Fläschchen, Wiegen) geben Sicherheit und fördern die innere Uhr.
- Tageslicht und frische Luft: Freiluftaufenthalte fördern die Bildung von Serotonin, welches am Abend zur Melatoninproduktion beiträgt , einem
- Hormon, das den Schlaf-Wach- Rhythmus reguliert.
- Reizreduktion: Helle Lichter, laute Geräusche und zu viel Aktivität am Abend stören die Schlafqualität
erheblich. Auch was uns Erwachsenen vielleicht unspektakulär vorkommt, kann einen Säugling erheblich irritieren, z.B . Besuch, laute Gespräche ,auch aus Radio oder Fernsehen, Youtube usw.
Für Kinder ist die ungeteilte Aufmerksamkeit wichtig ,d.h. Erwachsene wenden sich dem Kind zu ohne sich von Handy s unterbrechen zu lassen.
2. Kleinkinder (1–3 Jahre)
Schlafverhalten:
Kleinkinder benötigen etwa 12–14 Stunden Schlaf täglich. Der Mittagsschlaf ist noch wichtig, jedoch oft Quelle von
Konflikten.
Häufige Schlafprobleme:
- Einschlafverweigerung
- Nächtliches Aufwachen
- Trennungsängste
Empfehlungen:
- Feste Tagesstruktur: Gleiche Schlafenszeiten, wiederkehrende Abläufe und Begrenzung des Mittagsschlafs auf max. 1,5 Stunden fördern den Nachtschlaf.
- Tageslicht & Bewegung: Körperliche Aktivität im Freien fördert den natürlichen Rhythmus und die Müdigkeit am Abend.
- Reizüberflutung vermeiden: Zu viele Eindrücke (z. B. lautes Spielzeug, Fernseher und andere Medien, die schnelle Bildabfolgen haben) überlasten das kindliche Nervensystem.
- Bildschirmfreie Zeit vor dem Schlafen: Blaulicht hemmt die Melatoninproduktion – mindestens 1 Stunde vor dem Schlafen keine Mediennutzung.
3. Schulkinder (6–12 Jahre)
Schlafverhalten:
In dieser Phase liegt der Schlafbedarf bei ca. 9–11 Stunden. Schulpflicht und
außerschulische Aktivitäten beeinflussen zunehmend die Schlafhygiene.
Häufige Schlafprobleme:
- Einschlafverzögerung
- Nächtliches Grübeln
- Albträume,teils mit Schreiattacken
- Tagesmüdigkeit
Empfehlungen:
- Regelmäßige Schlafenszeiten auch am Wochenende: Der zirkadiane Rhythmus lässt sich durch ungleichmäßige Zeiten schnell aus dem Gleichgewicht bringen.
- Bewegung & Natur: Täglicher Aufenthalt im Freien, idealerweise morgens oder mittags, unterstützt die Synchronisierung der inneren Uhr durch natürliches Licht.
• Mentale Entlastung am Abend:
- Entspannungsrituale (Vorlesen, ruhige Musik, Atemübungen, Revuepassieren Lassen des vergangenenTages, Besprechen worauf man sich am folgendenTag freut) helfen beim
Abschalten. Ein „Sorgenfresser „(nimmt auch die Sorgen des Kindes auf,die es den Eltern nicht mitteilen kann, ) rundet das Abendritual ab.
- Medienkonsum begrenzen: Smartphones, Tablets und Fernsehen sollten spätestens ab dem frühen Abend tabu sein.
4. Jugendliche (13–18 Jahre)
Schlafverhalten:
Durch die biologische Umstellung in der Pubertät verschiebt sich der zirkadiane Rhythmus („Sleep-Phase-Delay“).
Jugendliche werden später müde und schlafen morgens gerne länger ,was oft mit schulischen Anforderungen kollidiert.
Häufige Schlafprobleme:
- Einschlafverzögerung (oft > 23 Uhr)
- Chronischer SchlafmangelTagesmüdigkeit
- Konzentrationsstörungen
Empfehlungen:
- Verständnis für biologischen Wandel: Eltern und Lehrer sollten
wissen, dass der veränderte Rhythmus nicht mit Faulheit zu verwechseln ist.
- Konsequente Schlafhygiene: Auch Jugendliche brauchen eine gewisse Struktur. Kein Koffein am Abend, keine Medien im Bett, keine nächtliche Erreichbarkeit über soziale Netzwerke.
- Freiluftaktivitäten und Sport: Diese verbessern die Schlafqualität und helfen, Stress abzubauen.
• Bewusstsein für digitale
Reizüberflutung schaffen: Jugendliche profitieren von Aufklärung über die Wirkung von Bildschirmlicht auf das Melatonin-Niveau.
Neurobiologische
Zusammenhänge:
Serotonin und Melatonin
Serotonin ist ein Neurotransmitter(Botenstoff im Gehirn), der durch Bewegung, Sonnenlicht und positive Emotionen gefördert wird. Es ist tagsüber aktiv und wird abends in Melatonin umgewandelt, das zentrale Hormon für den Schlaf-Wach-Rhythmus. Ein Mangel an Tageslicht und Bewegung oder eine Dauerberieselung mit Medienreizen kann diesen Prozess empfindlich stören.
Fazit
Ein gesunder Schlaf ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines fein abgestimmten Zusammenspiels von biologischen Rhythmen, Alltagsstruktur, Naturerfahrungen und reizreduziertem
Umfeld. Eltern und Betreuungspersonen tragen entscheidend
dazu bei, Kindern in jeder Entwicklungsphase die Rahmenbedingungen für erholsamen Schlaf zu ermöglichen. Besonders im digitalen Zeitalter ist ein bewusster Umgang mit Medien und ein gezielter Ausgleich durch Bewegung im Freien wichtiger denn je.
Dr.med Agathe Traut