Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der bekanntesten und zugleich oft missverstandenen neuropsychiatrischen Störungen im Kindesalter. Sie betrifft etwa 3-5% der Kinder weltweit und zeigt sich durch Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität .Die Symptome beginnen früh in der Kindheit, oft schon im Kindergartenalter. Sie müssen situationsübergreifend auftreten ,also in mehreren Umgebungen des Kindes. Es gibt viele Begleitsymptome, wovon die Störung des Ein-und Durchschlafens diejenige ist, die Kind und Familie am meisten beeinträchtigen. Bereits der
deutsche Kinder-und Jugend Psychiater
Johannes Hoffmann veröffentlichte 1844 das bekannte Kinderbuch „der Struwwelpeter “ in dem er die Figur des
„Zappelphilipp“ als
unruhiges und unkonzentriertes Kind beschreibt. Also keine „Erfindung“ unserer Neuzeit.
Neurobiologische Grundlagen: Die Rolle
der Synapsen
Neurobiologisch wird ADHS heute als Störung der Signalübertragung in bestimmten Hirnregionen betrachtet, insbesondere im präfrontalen Cortex(Hirnregion hinter der Stirn) ,der für Aufmerksamkeit, Planung und Impulskontrolle zuständig ist. An den Synapsen, den Kontaktstellen zwischen Nervenzellen, ist insbesondere der Botenstoff Dopamin betroffen. Es kommt zu einer fehlerhaften Dopaminübertragung: Entweder wird Dopamin zu schnell wieder in die Präsynapse aufgenommen oder es
wird zu wenig ausgeschüttet. Dies führt
dazu, dass Signale zur Belohnungsverarbeitung, Motivation und Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit gestört sind. Auch Noradrenalin spielt eine Rolle, doch der Schwerpunkt liegt bei ADHS auf der Dysregulation der Dopamin Bahnen.
Fünf Thesen zu ADHS im Kindesalter
- ADHS ist keine Modeerscheinung, sondern eine zumeist angeborene und neurobiologisch fundierte Entwicklungsstörung.
- Ursache ist eine fehlerhafte Dopaminübertragung.
Ohne ausreichende dopaminerge Signalübertragung fehlt die Grundlage für eine stabile Aufmerksamkeitssteuerung.
- ADHS äußert sich individuell sehr
unterschiedlich.
Nicht jedes betroffene Kind ist hyperaktiv
- es gibt auch den unaufmerksamen, träumerischen Subtyp.
- Frühzeitige Diagnose und multimodale Therapie verbessern die Prognose erheblich.
Kombinationen aus Verhaltenstherapie, Elterntraining, schulischer Unterstützung und ggf. Medikation haben sich als besonders wirksam erwiesen.
- Kinder mit ADHS verfügen oft über
besondere Stärken.
Kreativität, Spontaneität, Begeisterungsfähigkeit und ein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit sind Ressourcen, die gezielt gefördert werden können.
Ein positiver Ausblick
Auch wenn ADHS mit Herausforderungen für Kind, Eltern und Umfeld verbunden ist, so bietet eine fundierte Diagnose die Chance, die Weichen richtig zu stellen.
Kinder mit ADHS sind keine
„Problemkinder“, sondern Persönlichkeiten mit einem besonderen neurobiologischen Profil, die mit der richtigen Unterstützung
aufblühen können. Durch Aufklärung, Akzeptanz und Förderung können sie ihre Stärken entfalten und lernen, mit ihren Schwächen umzugehen. Die Forschung macht Hoffnung: Mit jedem Jahr verstehen wir die Mechanismen hinter ADHS besser und damit verbessern sich auch die Chancen, betroffenen Kindern ein erfülltes und erfolgreiches Leben zu ermöglichen.
Dr.med Agathe Traut
Schweich, den 28.5.2025