Eltern sind die ersten und echten Lehrer ihrer Kinder

Eine Spaßgesellschaft ist nichts für Kinder und Jugendliche!
Gemeinsam leben mit Kindern: in der Familie, soweit es geht im Beruf, im Garten, beim Putzen Kochen, Rasenmähen oder Straße kehren: Daran können Kinder und Eltern gemeinsam Freude haben, denn
weder sollen die Eltern ihre Kinder, noch die Kinder ihre Eltern lediglich „bespaßen“ es gilt, die Beziehung mit Inhalten zu füllen. (Die Zeit 2012) Jemanden zu „bespaßen“, das hört sich wie eine lästige Pflicht. Kinder müssen von irgendjemandem „bespaßt“ werden, weil sie sich nicht mit sich selbst beschäftigen können? “ Offensichtlich denkt derjenige, der von „Bespaßung“ spricht, man müsse den ganzen Tag so eine Art Kasperletheater um das Kind spielen? So höre ich oft in der Praxis die Klagen von Vätern und Müttern, dass doch alles so anstrengend sei, nicht nur habe man seine Arbeit, dann müsse man in der Freizeit auch noch die Kinder „bespaßen“.

Es geht nicht darum, den Kinder Entertainer zu spielen. Ein Leben mit Kindern hat so viele Gestaltungsmöglichkeiten. Man kann auch die Dinge machen, die man ohnehin gerne machen will, und das Kind daran teilhaben lassen. Dass man dabei einen oder gar 2 Gänge zurückschalten muss, alles etwas länger erklären muss und es umständlicher zugeht, muss man in Kauf nehmen. Dafür kann man eine gemeinsame Lebenswelt teilen und den heute so verbreiteten Entfremdungsprozess zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt lockern.

Kinder werden heute in den verschiedensten Betreuungsformen und professionellen „Bespaßungseinrichtungen“ wegverwaltet. Anders kann man es nicht bezeichnen, wenn Kinder einen Großteil des Tages dem Sichtfeld und der Lebenswelt ihrer Erwachsener entzogen werden.

Der französische Pädagoge und Philosoph Rousseau (18.Jahrhundert) hat in vielen seiner Schriften betont, dass die Eltern die ersten und echten Lehrer ihrer Kinder zu sein haben. Er führt an historischen Belegen an, dass etwa Cato, ein einflussreicher römischer Politiker (ca. 100 Jahre vor Christus) seinen Sohn von der Wiege an selbst erzogen habe, und Augustus, der berühmte Kaiser (ca. 50 Jahre vor Christus), seine Enkel selbst schreiben und schwimmen lehrte und sie in die Wissenschaften einführte. Die 3 Pflichten der des Vaters, das Kind zu zeugen, zu ernähren und zu erziehen stünden über den beruflichen und privaten Verpflichtungen. So wie die Mutter ihr Kind zu stillen habe, habe der Vater die Kinder zu erziehen. „Wer die Pflichten des Vaters nicht erfüllen kann, hat auch kein Recht, es zu werden“. Ihm gelten weder Armut noch Arbeit als Entschuldigung. Was sehr altbacken klingt, war zu seiner Zeit ultramodern und progressiv.

Heute meinen wir, alles Fachleuten überlassen zu müssen: Das gilt auch für die frühe Kindheit: frühe Bildung, professionelle akademische Erzieher. Wo bleiben die Eigeninitiative und Selbstwirksamkeit des Kindes? ist das verlorenen gegangen? Natürlich nicht. Statt Erziehung bleibt „Bespaßung“? Statt kindliche Klagen über Langeweile auszuhalten (und auf den darauffolgenden Kreativitäts Schub zu warten) werden professionelle, vorgefertigte Ideen aus Heften, Büchern, Internet den Kindern vorgesetzt. Ein Waldspaziergang mit Sammeln von Ästchen, Steinchen, Früchten und anschließendes Basteln, Versteckspiel im Haus, wenn es regnet, Zelte aus Decken und Sesseln bauen usw., usw. Aber auch altersgemässes Mithelfen im Haushalt: auch 2-Jährige können geschälte Kartoffeln ins Wasser plumpsen lassen, 3-Jährige helfen beim Kehren oder Saugen. Kochhelfer sein, Tischdecken zu können, das macht Kinder stolz und selbstwirksam: „…. Ich kann schon…“ Im Kind reift die Idee, dass es unheimlich wichtig für seine Familie ist („…ohne mich könnten die jetzt nicht frühstücken 😊“)

Materielle Verwöhnung und zielloses Shoppen hingehen erfreut kein Kind wirklich. Ziel einer Erziehung muss sein, das Kind von uns unabhängig zu machen.

Der französische Pädagoge Legouvé hat es so ausgedrückt: „Erziehung ist die Kunst, den Kindern beizubringen, ohne uns auszukommen“.

Der Grundgedanke einer „Bespaßung“ als eine Erziehung zum möglichst lebenslangen „Spaßhaben“ führt uns geradewegs in die vielzitierte Spaßgesellschaft, deren Ende ja bereits verkündet wurde.

Mit Kindern leben heißt Teilnahme an Alltag und Freizeit, Spaß und Leid, Pflichten und Vergnügen. Daran können Kinder und Eltern gemeinsam Freude haben, denn weder sollen die Eltern ihre Kinder, noch die Kinder ihre Eltern lediglich „bespassenes gilt, die Eltern- Kind-Beziehung mit Inhalten zu füllen.

Dr.med. Agathe Traut